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Knipprath: "Glasfasernetze ja, Vertrieb bleibt herausfordernd"

Daniel Knipprath, CEO der EnergieMarkt Beratungsgesellschaft mbH, erläutert im Interview, ob sich ein Einstieg in das Glasfasergeschäft noch lohnt, welche Stärken Stadtwerke ausspielen können und wovor sie sich in Acht nehmen müssen.

Herr Knipprath, welche Förderungen gibt es aktuell, welche gab es und sind die neuen Förderungen besser geeignet, um den
Glasfaserausbau voranzubringen?

Daniel Knipprath: Den Ursprung bildete das sog. „Weiße-Flecken-Programm“ – dieses wurde an einigen Stellen um Sonderförderungen erweitert (beispielsweise den Sonderaufruf für Schulen). „Weiße-Flecken“ war durch eine sogenannte „Aufgreifschwelle“ von 30 MBit/s gekennzeichnet (d. h. Förderung von Anschlüssen < 30 MBit/s). Das aktuelle Förderregime, sogenannte „Graue-Flecken“, hat die Aufgreifschwelle auf 100 MBit/s angehoben, was zu einer bedeutend höheren Förderquote von Hausanschlüssen führt; ab 2023 soll die Aufgreifschwelle auf 1.000 MBit/s angehoben werden, d. h. ein jeder Haushalt, der noch keine Gigabit-Verbindung hat, ist dann förderfähig.

Planen, bauen und betreiben von technischen Netzen, das können die Stadtwerke. Jedoch ist der Vertrieb aufgrund des höheren Wettbewerbs eher risikobehafteter als beispielsweise die reine Investition, der Netzbau oder Netzbetrieb.

Welche Grundgedanken sollte eine Stadt und ein Stadtwerk sich machen, um in den (geförderten) Glasfaserausbau und sogar den Vertrieb eigener Produkte einzusteigen?

Knipprath: Für Städte und Gemeinden zählt ein guter Internetanschluss zur kommunalen Daseinsvorsorge. Insbesondere in Corona-Zeiten (Stichwort „Home-Office“) wurde deutlich, dass Bürgerinnen und Bürger auf schnelles Internet und hohe Bandbreiten angewiesen sind; dies ist vor allem in ländlichen Gebieten nicht immer gegeben.

Städte und Gemeinden sollten sich im Vorfeld mit dem Thema, im Speziellen dem Ablauf des Förderverfahrens, auseinandersetzen, sodass das bestmögliche Ergebnis erreicht wird – exemplarisch die Nutzung von „Förderungen für Beraterleistungen“ zur Vorbereitung der Projekte oder Anträge. Für Stadtwerke gilt es, im ersten Schritt auch festzulegen, welche Wertschöpfung des Breitbandgeschäftes bedient werden soll.

Beispielsweise ob sie nur das Netz bauen, betreiben oder auch vertreiben, korrekt?

Knipprath: Genau. Planen, bauen und betreiben von technischen Netzen, das können die Stadtwerke. Jedoch ist der Vertrieb aufgrund des höheren Wettbewerbs eher risikobehafteter als bspw. die reine Investition, der Netzbau oder Netzbetrieb.

Momentan ist der Markt recht liberal. Ich nehme jedoch an, dass irgendwann wie im Energiemarkt auch Standards greifen werden und der Markt stärker reguliert wird. Gerade hier kann sich dann der Open-Access-Zugang, der im geförderten Ausbau Pficht ist, als zweischneidiges Schwert offenbaren. Nämlich dann, wenn kleine und mittlere Kommunalunternehmen auf große Konkurrenten oder Discountanbieter wie im Strommarkt treffen. Das sollte den Stadtwerken jedenfalls bewusst sein und sie sollten sich darauf vorbereiten.

Darüber hinaus sollten Stadtwerke einen langfristigen Business-Case aufstellen. Soll nur die geförderte Wirtschaftlichkeitslücke gesichert werden, sodass lediglich ein „+ / - Null-Geschäft“ für die ersten sieben Jahre herauskommt? Oder plant man Betriebsergebnisse ab dem 8. Jahr ein und spannend ist, wie dies realisiert wird? Hieran lässt sich dann erkennen, ob das Geschäftsfeld einen mittel- und langfristigen Beitrag zum Geschäftserfolg leisten kann.

Aber auch mit Cross-Selling-Themen könnten sie Kunden begeistern, welches in meinen Augen einen sehr guten Weg zur Kundengewinnung darstellt. Vor allem haben viele kleinere und mittlere Stadtwerke oft einen Kundenstamm von 80 Prozent und mehr.

Wie kann ein Vertrieb von Produkten „richtig aufgezogen“ werden? Was kommen da für Herausforderungen auf ein Stadtwerk zu?

Gute Erfahrungen haben viele Stadtwerke mit ihrer Regionalität gemacht. Ähnlich wie im Strom- und Gasvertrieb sind die „Regionale Wertschöpfung“ und die Identilkation mit einem regionalen Anbieter bzw. einer regionalen Marke ein großes Pfund, welches Stadtwerke einbringen können; hierzu zählt dann sicherlich auch die Vor-Ort-Präsenz, bspw. im Kundenservice.

Aber auch mit Cross-Selling-Themen könnten sie Kunden begeistern, welches in meinen Augen einen sehr guten Weg zur Kundengewinnung darstellt. Vor allem haben viele kleinere und mittlere Stadtwerke oft einen Kundenstamm von 80 Prozent und mehr.

Wie wird die Modernisierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG-Novelle) bewertet?

Knipprath: Die TKG-Novelle (Dezember 2021) hat einige Änderungen mit sich gebracht. Unter anderem wurden die Rechte der Verbraucher gestärkt – dies beinhaltet bspw. Vertragszusammenfassungen für Verbraucher oder auch Kündigungsfristen, die sich nach der Erstlaufzeit auf eine monatliche Kündigungsmöglichkeit reduzieren. Auch greifen Kündigungsmöglichkeiten im Falle von Minderleistungen. Dies ist eine Stärkung vom Verbraucher – stellt aber auch Diensteanbieter vor größere organisatorische und prozessuale Herausforderungen, die gestemmt werden müssen.

Spannend ist sicherlich auch die sogenannte „Symmetrische Entgeltregulierung“, die es der Bundesnetzagentur erlaubt, auch Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht in ungeförderten Netzbereichen zu offenen Netzzugängen zu verpfichten – auch das zeigt, dass der Wettbewerb steigt.

Wie werden die Pläne der neuen Bundesregierung hinsichtlich der Beschleunigung des Glasfaserausbaus bewertet?

Knipprath: Grundsätzlich sind die Beschleunigungsansätze als gut zu bewerten. Die Bestrebungen zeigen, dass der Ausbau durch die Förder-Maßnahmen beschleunigt wird. Allerdings gibt es praktisch schon einige Herausforderungen. Beispielsweise zeigt sich, dass die Kapazitäten im Tiefbau knapp werden, sodass die gewünschte Beschleunigung hier eine Umsetzungsrestriktion mit sich bringt. Auch die damit verbundenen Preissteigerungen (auch im Materialbereich) machen die Umsetzung von Projekten herausfordernd.

Grundsätzlich müssen auch die notwendigen Verwaltungsprozesse verschlankt werden – den Überblick in allen Regelungen zu behalten und die geforderten Prozesse zu bedienen ist und bleibt herausfordernd für Städte / Gemeinden, aber auch für ausbauende Telekommunikations-Unternehmen.

Die Fragen stellte Adrian Gun.

Ansprechpartner für Breitbandausbau der emb ist Daniel Knipprath.

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Dr. Schäfer PR- und Strategieberatung
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(Das Interview ist auch erschienen in der "ZfK+" am 28.06.2022.)