Fachartikel

Vor allem im Beschwerde- und Meinungsmanagement herrscht Verbesserungsbedarf

Eine lebendige Feedbackkultur stärkt das Verhältnis zu den Kund*innen, erklären Daniel Knipprath von der EnergieMarkt Beratungsgesellschaft und Eric Seiler von der Seiler Personal- und Organisationsentwicklung. Ihre Studie beschäftigt sich mit Kundenbeziehungen bei Stadtwerken.

Die Energiemarkt Beratungsgesellschaft (emb) und die Seiler Personal- und Organisationsentwicklung (Seiler POE) haben sich zusammengeschlossen. Anlässlich Ihrer Zusammenarbeit haben Sie eine Studie zum Kundenbeziehungsmanagement erstellt. Darin werden in 60 Impulsfragen Entscheider*innen von kleinen und mittleren Energieversorgern zu Qualität, Positionierung und Optimierungspotentialen befragt. Was kam dabei heraus?

Daniel Knipprath, Geschäftsführer emb: Hervorzuheben ist, dass die Fachexpertise in den Kundencentern grundsätzlich gut ist und die Prozessabläufe in den teilnehmenden Unternehmen weitestgehend effektiv organisiert sind. Optimierungspotential gibt es aber beispielsweise in der berichtsgestützten, zahlen- und datengetriebenen Steuerung und Erfolgskontrolle des Kundenbeziehungsmanagements.
Positiv ist uns aufgefallen, dass die Wichtigkeit der Kundencenter-Einheiten tatsächlich von allen Entscheider*innen erkannt wird. Grundsätzlich sind alle Kundenservice-Teams effektiv aufgestellt, motiviert und offen für neue Impulse. Das unterstreicht den zentralen Stellenwert einer hohen Servicequalität bei kleinen und mittleren Energieversorgern. Viele wissen schon heute um den großen Wettbewerbsvorteil einer „Kundenbetreuung vor Ort“.

Eric Seiler, Geschäftsführer Seiler POE: Gleichzeitig gibt es hinsichtlich der psychischen Belastung am Arbeitsplatz eine hohe Sensibilität und Offenheit. Wir sehen immer wieder, wie sehr sich eine wirksame Führung, ein motiviertes Service-Team und zufriedene Kund*innen einander bedingen. Obwohl viele Prozesse bereits sehr gut aufgestellt sind, bietet die systematische Unterstützung der Mitarbeiter*innen bei der Stressbewältigung – d. h. bei der Risikoerfassung, Maßnahmenbündelung und Umsetzung – noch Optimierungspotential. Darüber hinaus können die Erkenntnisse des Kundenservices noch besser in die strategische Weiterentwicklung integriert werden. Die zahlreichen konkreten Rückmeldungen, Wünsche und Anregungen der Kund*innen sind ein wertvoller Schatz, der oftmals ungenutzt in den Datenbanken der Servicecenter schlummert. Hier sind die Kolleg*innen in den Kundencentern kompetente und motivierte Mitgestalter*innen. Eine Unternehmenskultur, die ihre Erfahrung auf Augenhöhe einbindet und die internen Prozesse dynamisch an den tatsächlichen Kundenanforderungen ausrichtet, bietet nachhaltige Wettbewerbsvorteile. Diese Ressource gilt es zukünftig weiter auszubauen.

Welche Ergebnisse haben Sie hier besonders überrascht?

Eric Seiler: Für mich war es besonders überraschend, wie groß die Bereitschaft ist, die eigene Arbeitsweise in Frage zu stellen. Es gehört Mut dazu, in den Spiegel zu sehen. Dies ist gleichzeitig ein wichtiger Ausgangspunkt, um eine echte Weiterentwicklung zu ermöglichen, und zudem ist die Selbstreflektion eine der entscheidenden Kompetenzen wirksamer Führungskräfte.

Daniel Knipprath: Auch mich hat die große Offenheit gegenüber einer kritischen Selbstreflektion beeindruckt. Sehr gefreut hat mich der in allen Interviews spürbare Stolz auf das eigene Kundencenter. Nahezu alle Teilnehmer*innen würden ihr eigenes Kundencenter uneingeschränkt weiterempfehlen – ein besseres Lob gibt es sicher nicht.
Als eines der Handlungsfelder mit dem höchsten Verbesserungsbedarf hat sich überraschend das Beschwerde- und Meinungsmanagement herauskristallisiert. Das ist insofern erstaunlich, als dass die §§ 111a und 111b EnWG bereits seit 2012 in Kraft sind. Die Energieversorger erfüllen hier zwar die gesetzlichen Vorgaben, erkennen und nutzen den praktischen Mehrwert eines ganzheitlichen Beschwerdemanagements aber noch nicht umfassend. Eine lebendige Feedbackkultur stärkt ja nicht zuletzt auch das Verhältnis zu den Kund*innen. Hier kann unsere Studie den Anstoß zu einer intensiveren internen Beschäftigung mit diesem Thema geben.

Welche Folgerungen ziehen Sie aus den Ergebnissen für Ihre Zusammenarbeit? Was bedeuten die Antworten für Stadtwerke?

Eric Seiler: Die emb und die Seiler POE schätzen gegenseitig sehr ihre Kompetenzen in den jeweiligen Beratungsfeldern. Und weil wir in einigen Themen durchaus unterschiedlicher Meinung sind, hilft gerade dieser teilweise dialektische Austausch untereinander, dass unsere Kunden von einem sehr guten „Rundumpaket“ profitieren können. Für die kommunalen Energieversorger und Stadtwerke bietet sich die Chance, nach anderthalb Jahren Corona Bilanz zu ziehen und Entscheidungsvorlagen zur internen Priorisierung zu erhalten, um die Weichen für die nächsten Jahre zu stellen.

Daniel Knipprath: Unsere Zusammenarbeit lief so gut, dass wir versuchen, die Studie jährlich wiederkehrend durchzuführen. Angesichts der beachtlichen Mehrwerte und Erkenntnisse möchten wir natürlich auch langfristig die teilnehmenden Unternehmen begleiten und durch unsere Studien neue Marktentwicklungen erkennen und mitgestalten. Für die Stadtwerke bietet unsere Umfrage eine gute Möglichkeit, um eine erste – schnelle – Standortbestimmung zu erhalten und daraus zielgerichtet Verbesserungen zu initiieren. Im Herbst 2021 geht es daher in die zweite Runde. Selbstverständlich entwickeln wir gern auch individuelle Beratungsformate.

Die Fragen stellte Stephanie Gust

(Das Interview ist auch erschienen in der "ZfK+" am 03.09.2021.)

Ansprechpartner für den Kundenservice der emb ist Daniel Knipprath.