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Thewes: "Die neue Förderung ist keine große Unbekannte"

Im ZfK-Interview erläutert Norbert Thewes, welche Vorteile die "Graue Flecken"-Förderung im Breitbandausbau bringt und was er der Kommunalwirtschaft rät.

Herr Thewes, seit kurzem wurde die "Weiße-Flecken"-Förderung auf die "Graue Flecken" ausgeweitet. Was umfasst diese konkret?

Die Bundesregierung möchte Tempo machen. Die weißen Flecken sollen laut dem Bundesverkehrsministerium auf rund sechs Prozent zusammengeschmolzen sein. Nun verlagert sich der Fokus. Denn die Regierung hat auch mittlerweile nachvollzogen, dass es sich bei 50 Mbit/s im Download um kein "Turbointernet" handelt. Deshalb ein kleiner Ausflug in die Farbenlehre. Bei den grauen Flecken handelt es sich um Internetanschlüsse, die eine Versorgung mit Downloadgeschwindigkeiten von 30-99 Mbit/s, die sog. "hellgrauen Flecken", zulassen. Aber auch mit bis zu 1000 Mbit/s gehören die "dunkelgrauen Flecken" ab dem 01.01.2023 dazu. Förderfähig sind Gebiete, in denen in den nächsten drei Jahren kein privatwirtschaftlicher Ausbau geplant ist.

Sie sprechen den privatwirtschaftlichen Ausbau an. Einige Verbände betrachten dies skeptisch, weil der Markt mit Geld geflutet wird. Was denken sie darüber?

Für die weniger verdichteten Siedlungsbereiche kleiner und mittlerer Städte ist davon auszugehen, dass sich TK-Unternehmen bei den eigenwirtschaftlichen Erschließungen mit Gigabitnetzen eher zurückhalten werden. Insbesondere in den Gebieten, die bislang lokal Fiber-to-the-Curb (FTTC) (fibre to the curb) ausgebaut haben, wird die weitere Fiber-to-the-Home-/Building-Erschließung (FTTH/B) nach unserer Einschätzung in hohem Maße auf die neuen Fördermöglichkeiten zurückgreifen. Denn diese bieten der Kommunalwirtschaft und den Kommunen nun mehr finanziellen Spielraum für die Glasfaserprojekte. Es wird auch vorkommen, dass manches liquide Unternehmen die Förderung bewusst ausschlägt. Denn wir müssen ehrlich sein: Es handelt sich hierbei um ein Programm mitsamt seiner dazugehörigen Bürokratie, die nicht jeder durchlaufen möchte.

Bürokratie wirkt leider oft abschreckend und kompliziert.

Das Gute gleich vorweg, die neue Förderung ist keine große Unbekannte. Grundsätzlich ähneln die Förderbedingungen dem Rechtsrahmen der Breitbandförderung für die „weißen Flecken“. Aber neu hinzukommt eine Anhebung der Aufgreifschwelle. Das heißt, in dem jeweiligen Gebiet darf kein Netz vorhanden sein, das Haushalten eine Datenrate von mindestens 100 Mbit/s zuverlässig zur Verfügung stellt. Diese Aufgreifschwelle gilt bis 31. Dezember 2022. Ab 1. Januar 2023 sind auch Ausbaumaßnahmen in Gebieten mit weniger als 1.000 Mbit/s förderfähig.

Von der Förderung ausgeschlossen sind die sog. „schwarzen Flecken“ mit bereits zwei NGA-Netzen (next generation access network). Aber: Wenn das vorhandene oder auf die nächsten drei Jahre geplante NGA-Netz eine Datenrate von weniger als 200 Mbit/s symmetrisch unterschreitet, könnten auch darin eingeschlossene Unternehmen gefördert werden.

Was raten Sie den kommunalen Unternehmen und Kommunen nun?

Es klingt sehr banal, aber jene Städte und Gemeinden sowie deren Versorger, die sich noch nicht mit dem Glasfaserausbau oder dem Potenzial beschäftigt haben, sollten dies nachholen. Die Pandemie ist wie ein Brennglas und zeigt, dass eine schnelle Internetgeschwindigkeit ein sehr wichtiger Standortfaktor ist. Gleichzeitig bietet Glasfaser auch ein lukratives Geschäftsfeld. Für all jene, die unsicher sind, denen rate ich, sich in der Bundesrepublik umzusehen. Mittlerweile haben sich deutschlandweit Stadtwerke und Partner dieses Themas angenommen. Die Fülle an Praxisbeispielen ist groß und es ist jederzeit möglich, sich darüber auszutauschen.

Zudem ist wichtig zu wissen, dass die Förderung sowohl die Wirtschaftlichkeitslückenförderungen als auch den Zuschuss im Betreibermodell umfassen kann. Ersteres gilt für Investitionen mit Betriebskosten, die auf sieben Jahre ausgelegt sind. Zweiteres beispielsweise für die Ausstattung von Leerrohren, die Ausführung von Tiefbauleistungen oder die Mitverlegung von Leerrohren bei anderweitig geplanten Erdarbeiten. Dabei sollten sie eine sorgfältige Abwägung zwischen den beiden grundsätzlichen Lösungsansätzen vornehmen und daraus eine tragfähige Gesamtstrategie entwickeln.

Die Fragen stellte Redakteur Adrian Gun; erschienen am 28.05.2021 in der ZfK+.